EUROPA ZENTRAL, Lemberg

Ein Kunst- und Reise-Projekt von und mit
Chris Dreier, Alekos Hofstetter, Hartmut Jahn
Frank Lohmeyer, Natalia Mysak und Grigory Semenchuk

 


Chris Dreier, Центральний автовокзал Львів / Zentraler Busbahnhof Lemberg, 2017

 

 

Eröffnung: Fr 24.11.2017 • 19 Uhr
Ausstellung: 25.11. – 16.12.2017, Mi – Sa 15 – 19 Uhr
Finissage: So 17.12.2017 • 17 Uhr

 

 

Mit freundlicher Unterstützung durch die:
HORIZON FOUNDATION
http://www.horizonfoundation.nl

 

Das Projekt der Europäischen Einigung ist an einem kritischen Punkt. Immer lauter werden Stimmen, die einen Rückzug hinter nationale Grenzen fordern oder zumindest den Erweiterungsplänen der EU ablehnend gegenüber stehen.
Neben der verschärften Überwachung der sogenannten EU-Außengrenzen gibt es auch Bestrebungen und eine manifeste Politik, Migration und Mobilität innerhalb dieses europäischen Raums selbst zu einzuschränken. Verdächtig aus Sicht der saturierten westlichen Staaten sind dabei vor allem Menschen aus den Länder Ost- und Südosteuropas.
Dabei zeigt eine nähere Betrachtung wie eng und fruchtbar die gesellschaftlichen und kulturellen Verbindungen gesamteuropäisch waren und welche Spuren – geistig und materiell – noch heute davon zeugen.

Wir haben Chris Dreier, Alekos Hofstetter, Hartmut Jahn und Frank Lohmeyer auf die Reise geschickt, diesen Traditionslinien zu folgen, ihr Fortwirken in der heutigen Lebenswirklichkeit, ihre Entwicklung, ihre Transformationen sichtbar und erlebbar zu machen.
Im ersten Teil des langfristig angelegten Projekts EUROPA ZENTRAL haben sie sich in Lemberg mit Partnern vor Ort im Stadtraum auf Erkundungen nach Spuren des gemeinsamen kulturellen Erbes, nach Brüchen, nach Leerstellen und Überschreibungen, Neuformulierungen begeben.

Lemberg gehört zu den Metropolen, die aus einer westeuropäischen Wahrnehmung an der Peripherie liegen, sowohl geographisch als auch vor allem kulturell. Aus dieser Perspektive ist Osteuropa zum Schauplatz von Umwälzungen geworden, die Unordnung, Vermischungen, Gewalt und Unübersichtlichkeit erzeugen. So zeigen sich im Blick von Westen nach Osten: unklare Grenzen, ethnische Konflikte, kulturelle Vielfältigkeit, ökonomisches Chaos, Migration. Dabei war Europa immer in seiner Geschichte eine zerklüftete Topographie, ein Schauplatz von Wanderungsbewegungen, hybriden Mischungsverhältnissen, Reibungen und immer neuen Grenzverschiebungen.
Vom Osten aus ist die Frage nach der intellektuellen und künstlerischen Produktivität des Europäischen als Qualität der Begegnung, der Vermischung und Ent-Ortung anders zu stellen. Und von hier aus wären die üblichen Zuordnungen von Zentrum und Peripherie neu zu denken: es sind vielleicht die unordentlichen Ränder Europas, an denen das 21. Jahrhundert wirklich anbricht.

 

Chris Dreier
Chris Dreier wurde 1961 in Wuppertal geboren und lebt seit 1980 in Berlin. 1983–87 Studium der Visuellen Kommunikation an der HdK Berlin bei Prof. Ramsbott (Meisterschüler). 1981–82 Mitglied der Avantgardeband „Die Tödliche Doris“. Bis 1987 Arbeiten mit dem Medium Super-8-Film sowie Textperformances mit dem Autor D. Holland-Moritz in Berlin, Hamburg, München, Amsterdam. Teil des Wolfgang Müller-Filmpakets auf Tour in Westdeutschland, New York und Tokio, Beiprogramm zur Dokumenta 8 in der Galerie Martin Schmitz, Kassel sowie Einzelausstellungen mit Fotografien, Zeichnungen und Fundobjekten (Galerie Eisenbahnstraße, Berlin u.a.). Seit 1999 Malerei (bis 2009) und Lochkamerafotografie, seit 2012 zusätzlich Video, und Installation. Experimentelle Soundprojekte mit Frank Lohmeyer (Spadelove), Ursula Döbereiner (Burqamachines), Gary Farrelly (Dexia Defunct) und Wolfgang Müller. Regelmäßige Austellungen im In-und Ausland, u.a. Contemporary Museum MWW Wroclaw, Central Trak, Dallas, USA, Pass Projects, Wuppertal, Laura Mars Grp, Berlin. 2015 Gründung des „Office for Joint Administrative Intelligence“ OJAI, in Kollaboration mit Gary Farrelly .
Einzelpublikationen: The Grim North Series, Maas Media Verlag 2009, Souvenir de Verdun, Maas Media Verlag 2010, Pinhole Shots 2000-2011, Maas Media Verlag 2011
http://www.chrisdreier.de // http://www.jointintelligence.org

 

Alekos Hofstetter
Der Zeichner und Maler Alekos Hofstetter wurde 1967 in Bonn geboren und ist aufgewachsen in Bonn, Brüssel und Bangkok. 1989, nach Abbruch eines Philosophiestudiums an der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn zog er nach Dresden um. Das Künstlerkollektiv BEWEGUNG NURR wurde 1989 von Alekos Hofstetter, Christian Steuer und Daniel H. Wild in Dresden gegründet. Zwischen 1993 und 2010 erhielt Hofstetter Stipendien der Stiftung Kulturfonds, Berlin, der Stiftung F.AIM, Den Haag, des Else Heiliger Fonds, Berlin, der Stiftung Dr. Robert und Lina Thyll-Dürr, Elba/ I und des Künstlerhauses Lukas, Ahrenshoop. Seit 2011 beschäftigt sich Alekos Hofstetter mit dem Werkzyklus „Tannhäuser Tor“. Thema des Werkblocks ist das Verhältnis von Raum, Zeit und Distanz und im Vordergrund steht die Auseinandersetzung mit den sich im Wandel der Zeit verändernden Perspektiven auf die Nachkriegsmoderne und ihre Architektur. Alekos Hofstetter hat gemeinsam mit dem Dresdner Künstler Florian Göpfert die Arbeiten am „Tannhäuser Tor“ im Frühjahr 2012 begonnen und seitdem führt Hofstetter die künstlerische Arbeit an dem Projekt fort. Alekos Hofstetter lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin
www.alekos-hofstetter.de 

 

Hartmut Jahn
Hartmut Jahn wurde 1955 in Hannover geboren und lebt seit 1978 in Berlin. 1974–80 Studium der Kunsterziehung in Hannover und Berlin. Seit Ende der siebziger Jahre mediale Arbeiten. 1983 – 95 Mitglied der Künstlergruppe „Confu Baja Video“. Regie, Autor und Produzent für Spielfilm (bis 1995)und Dokumentarfilm. Seit 1998 Professur für Filmgestaltung an der Hochschule Mainz.
Seine Arbeiten sind international ausgezeichnet u.a. mit dem Deutschen Videokunst-Preis des ZKM Karlsruhe 1994, Golden Gate Award San Francisco, Best European Short Film, Cork Intl. Film Festival 1987. Im intl. Wettbewerb der Filmfestivals u.a. in London, San Sebastian, Göteborg, Melbourne, Brüssel, Vigo, São Paulo, Oberhausen.
Ausstellungsbeteiligung: „Recording Against Regimes“, Kairo 2013, „40jahrevideokunst.de„, Karlsruhe, Leipzig, Düsseldorf 2006, „Fluxus-Pioniere“, European Media Art Festival 2006, „Räume des XX. Jahrhunderts III“, Neue Nationalgalerie Berlin 2003, „New German Films“, Museum of Modern Art, New York 2002, „Deutschlandbilder“ Martin-Gropius-Bau Berlin 1997. Einzelausstellungen mit großformatigen Panoramen: DIE NEUEN BESITZER DER BERLINER MAUER, Auswärtiges Amt 2009, LUST: LANDSCHAFT, Hochschule Mainz 2014 – 2017 Publikationen: Hrsg. mit E. Rettinger: SHOPPEN IM MITTELALTER, Mainz 2013, Hartmut Jahn – BABYLON CIRCUS Film – Video – Installation, Nürnberg 2005

 

Frank Lohmeyer
Frank Lohmeyer wurde 1970 geboren und lebt in Berlin, wo er Medizin und Musikwissenschaft studierte. Nachdem er sich Mitte der 90er Jahre auf Malerei konzentriert hatte, wechselte er zu Computermusik, Animation und Netzkunst, gefolgt von Ton- und Videoinstallationen. In seinen verschiedenen elektronischen Klangprojekten – unter anderem Spadelove und Burqamachines mit Chris Dreier – arbeitet er mit Field Recordings, analogen Synthesizern und Computer.

 

Natalia Mysak
Natalia Mysak ist Architektin und Forscherin in L´viv/Lemberg. Sie hat Architektur am Polytechnischen Institut in Lemberg studiert. Seit 2013 betreibt sie als Doktorandin Studien zur Identität spätmodernistischer Großsiedlungen und Trabantenstädten in verschiedenen europäischen Kontexten. Sie war zu Forschungsaufenthalten an der Universität Malmö (2015-2016) und der TU Wien (2013). Mysak war an verschiedenen partizipativen Planungsprojekten für den öffentlichen Raume in Lemberg/L´viv beteiligt. Seit 2016 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Stadtgeschichte Ostmitteleuropas, wo sie an Forschungs- und Bildungsprojekten beteiligt ist. Interessensgebiete sind Methodenforschung in den Bereichen Architektur und Stadtforschung, modernistische Architektur, architektonische Identität, Fotografie und visuelle Praxis.
http://www.lvivcenter.org

 

Grigory Semenchuk
Grigory Semenchuk ist Dichter, Kulturaktivist, Musiker und Publizist. Er wurde 1991 im ukrainischen Chmelnyzkyj geboren. Er ist Autor von zwei Gedichtbänden – „Interner Dschihad“ (Meridian Czernowitz, Chernivtsi, 2012) und „Mehr Verse und Lieder“ (Old Lion Publishing House, Lviv, 2015). Semenchuk hat an Literaturfestivals in der Ukraine (Lemberg, Kiew, Odessa, Chmelnizki, Ternopil, Czernowitz, Iwano-Frankiwsk, Uschhorod, Saporischja, Dnipropetrowsk und Donezk), Polen (Lublin, Breslau, Krakau), Tschechien (Prag, Brünn, Ostrava), Deutschland (Berlin, Leipzig, Frankfurt, Mainz), Frankreich (Cognac) und der Slowakei (Bratislava, Kosice). Einige Verse und Artikel wurden auf Deutsch, Polnisch, Tschechisch, Italienisch Englisch, Weißrussisch, Slowakisch, Französisch übersetzt. Er ist Mitbegründer der Band „DRUMTYATR“ (seit 2010) und dort u.a. verantwortlich für Musik und Texte. DRUMTYATR ist auf Festivals und Konzerten in der Ukraine und Europa aufgetreten. Er bildet gemeinsam mit der deutschen Dichterin Ulrike-Almut Sandig die poetische Band „LANDSCHAFT“. Semechuk ist Leiter der Nichtregierungsorganisation Lviv Art Council „Dialogue“, Leiter des Festivals „Monat der Autorenlesungen“ in Lviv. Mitherausgeber der sozio-kulturellen Zeitschrift „Prosto Neba“ / „Unter freiem Himmel“. Er lebt in Lemberg, Ukraine.