Klangkunst – Installationen – Vorträge – Objekte
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Evgenija Wassilew
Flanger In My Mind
Klanginstallation, Zeichnung, Text
21.10. – 30.10.
Eröffnung: Fr 21.10. • 19Uhr
20:30 Uhr Performance:
Alessandra Eramo: SOLO FOR VOICE AND ELECTRONICS
Öffnungszeiten: 22.10. – 30.10. • Mi – So 15 – 19 Uhr
Flanger in my mind
Exchanging voices
Wond’ring ‚til the night
without no chances
We’d be sharing fears
Before the night was through?
Evgenija Wassilew
Spuren von verglühenden Meteoriten in der Erdatmosphäre werden im Amateurfunk als Reflektoren für Funksignale verwendet, da die Signale sonst durch die Erdkrümmung begrenzt wären. Die Dauer der Reflexion variiert, je nach Höhe der Frequenz, von einigen Sekunden bis zu mehreren Minuten. Deleuze und Guattari umschreiben das Radiohören auch als „eine Art von Klangmauer, das Territorien absteckt, um den Kräften des Chaos etwas entgegenzusetzen. Das Territorium kann auch geöffnet werden, (…) nicht von den Kräften des Chaos, sondern von den Kräften, die in ihm wirksam sind – man bricht aus, improvisiert, verbindet und vermischt sich mit der Welt. (…) Aus den klanglichen Linien sprießen Irrlinien mit Windungen, Verknotungen, Geschwindigkeiten (…) und verschiedenen Klängen.“ *
In der Ausstellung Flanger in my mind werden diese Ausbruchsstellen unter die Lupe genommen. Der „Leitfaden des Liedchens“ reißt: kurze, kratzige Geräusche bewegen sich wie Kritzeleien im Innenohr und scheinen einer inneren Unruhe Form zu geben. Rückkopplungen modulieren Klänge im Rhythmus der menschlichen Atmung. Ein Bot transkribiert verborgene Sprachlaute zu Wörtern und Radiowellen erfassen summend atmosphärische Störungen.
In diesem Sinne fokussieren die ausgestellten Werke das Potential im Unbekannten, das durch Wiederholung, Rückkopplung und Reflexion entstehen kann.
* Deleuze, Gilles und Guattari, Félix: Tausend Plateaus. Kapitalsmus und Schizophrenie. 6. Auflage, Merve Verlag Berlin 2005, Kapitel 11:1837 – Zum Ritornell, Seite 424-425
Die Arbeit von Evgenija Wassilew thematisiert die Fragilität von Kommunikation und die Ungewissheit von Wissen. Sie kombiniert Skulptur, Performance, experimentelle Aufnahmen sowie text- und klangbasierte Notationen und erforscht die Körperlichkeit und psychologische Wirkung von Stimme, Sprache und Musik. • http://www.evgenija-wassilew.com
Alessandra Eramo
SOLO FOR VOICE AND ELECTRONICS
Fr 21.10. • 20:30 Uhr
In ihrer Live-Performance konzentriert sich Alessandra Eramo auf die Stimme im Verhältnis zu Geräuschen und der Umgebung und kreiert eine Collage aus hypnotischen Klanglandschaften und Stimmen, um über den Klang hinaus in tiefere Schichten des poetischen Ausdrucks vorzudringen. Beatboxing, Zungenschnalzen, Kreischen, Zischen: Eramo erforscht tranceartige Zustände beim Singen, indem er ausgedehnte Gesangstechniken, nonverbales Vokalisieren, krude Geräusche, Melodien, Verzerrungen, Wortfragmente und unbekannte Sprachen einsetzt und eine dynamische Verwendung von Feldaufnahmen und voraufgezeichnetem Klangmaterial miteinander verwebt. In Anlehnung an die Lautpoesie zielt die Aufführung darauf ab, eine immersive akustische Erfahrung zu erzeugen, wie eine spirituelle Übung, die mit den Zuhörern geteilt wird.
Alessandra Eramo ist eine in Berlin lebende Klangkünstlerin und Sängerin, die mit Performance und Installation, Text-Klang-Komposition, Video und Zeichnung arbeitet und latente akustische Territorien der menschlichen Stimme und des Lärms als sozio-politisches Thema erforscht. Indem sie visuelle Kunst und experimentelle Musik miteinander verbindet, entwickelt sie interdisziplinäre Projekte und Live-Performances, die sich mit Fragen des Körpers, der Erinnerung und der Identität befassen, wobei sie häufig partizipatorische Aktionen, Feldaufnahmen, ortsspezifische Methoden und experimentelle Kompositionsansätze einsetzt. Im Mittelpunkt ihrer Praxis steht die Erweiterung der Stimme in all ihren Formen und Implikationen in klanglichen und visuellen Kontexten, wobei sie die Grenzen von Genres und Traditionen überschreitet.
Das Pfeifen im Walde. Zum Ritornell.
Klangkunst – Installationen – Vorträge – Objekte
Im Kapitel über das Ritornell in Gilles Deleuze’ und Félix Guattaris Tausend Plateaus steht gleich zu Beginn: »Für komplizierte Arbeiten wie die Gründung einer Stadt oder die Herstellung eines Golem zieht man einen Kreis, oder besser, man geht wie beim Ringelreihen der Kinder im Kreis herum, man kombiniert rhythmisierte Konsonanten und Vokale, die sowohl den inneren Kräften der Schöpfung wie den unterschiedlichen Teilen eines Organismus entsprechen. Ein Fehler in der Geschwindigkeit, im Rhythmus oder in der Harmonie wäre eine Katastrophe, denn er würde Schöpfer und die Schöpfung zerstören, indem er die Kräfte des Chaos wieder eindringen ließe.«
Es geht darum, ein Vokabular zu entwickeln, das es möglich macht, die komplizierten Dynamiken von Erneuerung und Stabilisierung in der Kunst, aber auch in der Gesellschaft zu fassen.
„Wie kommt das Neue in die Welt und wie – das ist vielleicht noch komplizierter – richten wir uns in einer modernen Welt ein, die stärker von Krisen und Umwälzungen geprägt ist als von Traditionen und sich wiederholenden Zyklen. Der wiederkehrende Refrain, das Ritornell, der Ringelreihen, sind Formen, die so viel Sicherheit geben, dass man dazwischen probieren kann, das Neue zu wagen.“ (Karin Harrasser).
Frieder Butzmann, Hans Peter Kuhn, Martyna Poznanska, Volker Straebel und Evgenija Wassilew werden in einem Zyklus von Klanginstallationen und Performances mit diesen Formen spielen, experimentieren und sie auf ihre Tauglichkeit als Resilienz-Verstärker erproben.
Begleitend dazu wird in einer Reihe von Vorträgen der schmale Grat zwischen Chaos und Ringelreihen ausgemessen.
Das Pfeifen im Walde ist eine paradoxe Intervention – ebenso sehr Erscheinung der Verzagtheit als Ausdruck der Zuversicht.
Kuratiert von Stephan Kruhl & Margita Weiler
© Evgenija Wassilew
1
Frieder Butzmann: 13 Gedichte gepfiffen
24.06. – 03.07. 2022
Frieder Butzmann – Komponist, Musiker, Autor, Vortragender, Hörspielautor, Performancekünstler. Sammelt Töne Musiken Geräusche Eindrücke.
Weiß meistens aber nicht, ob er daraus Musikstücke, Filmmusiken, Vorträge, Hörspiele oder ganze Opern machen soll. Er spreizt, kürzt, transponiert unermüdlich analoge und digitale Tonaufnahmen bis zur Unkenntlichkeit. Er präsentiert sich einem staunenden Publikum, wann immer es mag.
2
Volker Straebel: sich hinter dem Lied verstecken
07.07.-16.07.2022
Volker Straebel – Musikwissenschaftler, Komponist und Kurator, Dekan der Herb Alpert School of Music am CalArts. Seine akademische Arbeit, konzentriert auf experimentelle Musik und Klangkunst, und seine künstlerische Praxis und kuratorische Tätigkeit sind miteinander verwoben. Seine Kompositionen und Performances reichen von verstärkten Jackstraws bis zu unhörbaren Infraschallstücken.
3
Martyna Poznańska: Invisible Intimacy
23.09.-02.10.2022
Martyna Poznańska – interdisziplinäre Künstlerin, die mit verschiedenen Medien quer durch die Genres arbeitet. Dazu gehört die Praxis des aktiven Zuhörens und der Feldaufnahmen in Verbindung mit der Arbeit mit verschiedenen visuellen Werkzeugen – Video, Installation, dem eigenen Körper, Zeichnung, sowie Hörworkshops und Soundwalks.
http://www.martynapoznanska.com
4
Hans Peter Kuhn: 29 leere Räume
07.10.-16.10.2022
Hans Peter Kuhn – Komponist und Künstler. Seine Licht- und Klanginstallationen werden von vielen Museen und Galerien gezeigt oder an öffentlichen Plätzen ausgestellt. Internationales Aufsehen erregte er mit Lichtinstallationen im öffentlichen Raum. 1993 in Venedig erhielt er mit Robert Wilson den Goldenen Löwen Biennale Venedig für die Installation Memory Loss. 2012-20 Gastprofessor für Klangkunst, UdK Berlin.
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